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Was sind Führungsstile und welche gibt es?
Der Führungsstil bezeichnet die Art, wie sich Vorgesetzte gegenüber ihren Untergebenen verhalten und wie sie ihre jeweiligen Führungsaufgaben wahrnehmen. Diese Stile sind von der Persönlichkeit des*der Vorgesetzten abhängig und hängen auch mit der vorherrschenden Kultur im Unternehmen zusammen.
Schon Max Weber befasste sich mit den verschiedenen Arten der Führung. Die moderne Führungsforschung begann schließlich in den 1930er-Jahren mit der Arbeit des Psychologen und Begründers der Sozialpsychologie, Kurt Lewin. Seither haben sich vor allem Forscher*innen auf den Gebieten der Verhaltensforschung und Soziologie mit dem Thema befasst und vielfältige Theorien und Modelle zu Führungsstilen aufgestellt. Im Folgenden stellen wir dir die wichtigsten Führungsarten kurz vor. Zu beachten ist, dass es sich dabei um Idealformen handelt. In der Realität sind meist Mischformen aus verschiedenen Stilen zu finden.
Die vier Führungsstile nach Max Weber
In seinem 1921 und 1922 veröffentlichten Werk „Wirtschaft und Gesellschaft“ beschrieb der deutsche Soziologe Max Weber vier „tradierende Führungsstile“:
- Der autokratische Führungsstil zeichnet sich durch die alleinige Entscheidungsgewalt des*der Vorgesetzten aus. Vorschläge oder Kritik der Mitarbeiter*innen werden nicht akzeptiert. Das ermöglicht es, schnelle Entscheidungen zu treffen und klare Anweisungen zu erteilen; die Mitarbeitenden müssen zudem keine Verantwortung übernehmen. Allerdings lässt dies kaum Platz für Innovationen und führt zu einem strengen, wenig wertschätzenden Arbeitsklima. Heute gilt der autokratische Führungsstil daher als veraltet.
- Der patriarchalische Führungsstil ähnelt sehr dem autokratischen. Auch hier trifft der*die Vorgesetzte alle Entscheidungen allein und gibt klare Anweisungen. Für Innovation ist kaum Platz. Der Chef bzw. die Chefin sieht sich hier jedoch in einer Vaterrolle/Mutterrolle, übernimmt Verantwortung und zeigt Fürsorge gegenüber den Mitarbeitenden. Der patriarchalische Stil kommt heute z. B. noch in Familien- und Kleinunternehmen vor. Bei weiblichen Vorgesetzten wird manchmal auch vom „matriarchalischen Führungsstil“ gesprochen.
- Der bürokratische Führungsstil ist gekennzeichnet durch feste Regeln, die für Vorgesetzte und Untergebene gleichermaßen gelten. Jede*r arbeitet innerhalb fester Rollenbilder. Dadurch ergeben sich geregelte Arbeitsabläufe; Entscheidungen werden objektiv und nicht nach persönlichen Sympathien gefällt. Nachteilig wirkt sich aus, dass dieser Führungsstil oft zu langen Entscheidungswegen führt und keinen Raum für Flexibilität lässt.
- Der charismatische Führungsstil basiert auf der Persönlichkeit und Ausstrahlung des*der Vorgesetzten. Die Mitarbeitenden lassen sich vom Chef bzw. der Chefin begeistern und motivieren. Das führt zu höherer Leistungsbereitschaft und stärkt die Identifikation mit dem Unternehmen. Zugleich steigt jedoch das Risiko, dass sich Mitarbeitende ausbeuten lassen.
Die drei Führungsstile nach Kurt Lewin
Der deutsche Sozialpsychologe Kurt Lewin begründete zusammen mit Kollegen 1939 die Führungsforschung. Er unterschied im Wesentlichen drei Führungsstile:
- Der autoritäre Führungsstil ist praktisch mit Webers autokratischem Stil identisch: Der*die Vorgesetzte trifft alle Entscheidungen allein, die Untergebenen haben kein Mitspracherecht.
- Der kooperative (demokratische) Führungsstil ist gekennzeichnet durch die Einbindung der Mitarbeiter*innen in Entscheidungen; sie dürfen Meinungen äußern, Vorschläge einbringen und Kritik anbringen. Dies hat den Vorteil, dass es Innovationen fördert und Mitarbeiter*innen motiviert. Zudem wird die Führungskraft entlastet. Durch Beratungen und Diskussionen verlängern sich jedoch die Entscheidungswege. Der*die Vorgesetzte muss sich außerdem durchsetzen können, damit er*sie nicht die Kontrolle über das Team verliert. Heute ist der kooperative bzw. demokratische Stile die gängige Führungsart in Unternehmen.
- Der Laissez-Faire-Führungsstil bietet den Mitarbeitenden weitgehende Handlungsfreiheit. Der*die Vorgesetzte gibt die Ziele vor, greift aber nur bei schwerwiegenden Problemen ein. Dies fördert Motivation, Leistungsbereitschaft, Eigenverantwortung und kreative Lösungen, kann aber auch zu Kontrollverlust und Chaos führen. Manche Mitarbeiter*innen können sich zudem von zu viel Freiheit überfordert fühlen oder aber Freiheiten ausnutzen.
Die Führungsstile im „Full Range of Leadership“-Modell
Das 1991 von den US-amerikanischen Psychologen Bruce Avolio und Bernard Bass entwickelte „Full Range of Leadership“-Modell unterscheidet zwei grundlegende Führungsstile:
- Die transaktionale Führung basiert auf dem Prinzip extrinsischer Motivation: Der*die Vorgesetzte gibt die Ziele vor und stellt eine Belohnung (z. B. einen Bonus, eine Beförderung) für deren Erreichen bzw. eine Sanktion für deren Nichterreichen in Aussicht. Das bietet Mitarbeitenden Klarheit und Transparenz, kann aber auch die Lust an der Arbeit senken. Zudem sprechen nicht alle Mitarbeitenden auf die versprochenen Belohnungen an.
- Die transformationale Führung zielt darauf ab, die Werte und Ziele der Mitarbeiter*innen an die des Unternehmens anzupassen und so eine intrinsische Motivation aufzubauen. Der*die Vorgesetzte nimmt eine Vorbildrolle ein, soll inspirieren und die Mitarbeitenden individuell unterstützen. Diese Art der Führung steigert die Leistungsbereitschaft und Zufriedenheit der Mitarbeitenden, verlangt aber auch viel Sozialkompetenz von dem*der Vorgesetzten.
Führung je nach Bedarf: der situative Führungsstil
Das Konzept des situativen Führens basiert auf einem Modell des amerikanischen Verhaltensforschers Paul Hersey und des Unternehmers Ken Blanchard. Sie empfehlen Vorgesetzten, ihre Mitarbeitenden jeweils entsprechend deren Reifegrads zu führen:
- Mitarbeiter*innen mit geringer Reife (z. B. Neulinge) sollte von den Vorgesetzten diktiert, also genaue Anweisungen erteilt, Ergebnisse sofort kontrolliert und Fehler korrigiert werden.
- Mitarbeiter*innen mit mäßiger Reife sollten von ihren Vorgesetzten trainiert werden: Sie wenden Erlerntes an, werden dabei regelmäßig kontrolliert und erhalten konstruktive Kritik.
- Reife Mitarbeiter*innen können weitgehend frei arbeiten. Sie sollten dabei von ihrem*ihrer Vorgesetzten unterstützt und an Entscheidungen beteiligt werden.
- An Mitarbeiter*innen mit sehr großer Reife kann der*die Vorgesetzte Aufgaben delegieren. Sie arbeiten eigenverantwortlich und weitgehend ohne Anweisungen des*der Vorgesetzten.
Gruppenbezogene Führungsstile nach Horst-Joachim Rahn
Die Idee des gruppenbezogenen Führungsstils stammt vom deutschen Betriebswirt Horst-Joachim Rahn. Laut Rahn muss der Führungsstil zu Persönlichkeit, Arbeitsweise und Verhalten der geführten Mitarbeiter*innen passen. Auch ganze Gruppen brauchen demnach einen passenden Führungsstil:
- Der anspornende Führungsstil ist gekennzeichnet durch klare Ziele und Strukturen, die leistungsschwache Mitarbeiter*innen motivieren und aktivieren.
- Der bremsende Führungsstil soll Unruhestifter durch besonnene Autorität, klar formulierte Grenzen und ggf. Sanktionen bei deren Überschreiten kontrollieren.
- Der ermutigende Führungsstil soll schüchterne Mitarbeiter*innen und solche, die gerade eine schwierige Zeit haben, durch Verständnis und Ermunterung bestärken, ihnen mehr Selbstvertrauen geben und sie dadurch motivieren.
- Der fördernde Führungsstil motiviert leistungsstarke Mitarbeiter*innen, z. B. durch das Übertragen zusätzlicher Kompetenzen und Verantwortung.
- Der integrierende Führungsstil dient dazu, neue Mitarbeiter*innen und Außenseiter gezielt an die Gruppe heranzuführen und bei der Integration in diese zu unterstützen.
- Der wertschätzende Führungsstil soll den „Frohnaturen“, die zum Wohlergehen des Teams beitragen, für den positiven Einfluss und den Beitrag zur Gruppe Anerkennung vermitteln und diese Leistung auch belohnen.
Welche Rolle spielt der Führungsstil für den Erfolg eines Unternehmens?
Der vorherrschende Führungsstil in einem Unternehmen kann für dessen langfristigen Erfolg von entscheidender Bedeutung sein. Denn er beeinflusst maßgeblich das Betriebsklima sowie die Motivation, Leistungsbereitschaft und Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Damit wirkt er sich indirekt auch auf ihre Produktivität und somit schließlich auf die Zufriedenheit der Kund*innen aus. Nicht zuletzt beeinflusst der Führungsstil zudem, wie attraktiv ein Unternehmen als Arbeitgeber ist: Eine autoritäre Führung, die den Mitarbeitenden kein Mitspracherecht einräumt, wirkt heute veraltet, während eine demokratische Führung bei jüngeren Arbeitskräften beliebter ist. Dennoch gibt es nicht den einen „besten“ Führungsstil, sondern dieser muss sowohl zu dem*der jeweiligen Vorgesetzten als auch zu den Mitarbeiter*innen und der aktuellen Situation passen.
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