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Dunning-Kruger-Effekt: Tipps für Führungskräfte

Lesedauer: ca. 7 min

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Der Dunning-Kruger-Effekt: Wenn sich Personen mit Halbwissen als Experten sehen

Selbstüberschätzung ist nicht nur eine Eigenschaft, die einen Menschen unsympathisch macht. Besonders im beruflichen Kontext kann sie sogar zu einer echten Herausforderung werden: Wer seine eigene Leistung chronisch überbewertet, lässt Chancen zur Verbesserung ungenutzt. Schlimmer noch: Die guten Ergebnisse derer, die einen wirklich wertvollen Beitrag zum Ergebnis leisten, werden geschmälert. Unter anderem dieses Phänomen wird unter einem markanten Begriff zusammengefasst: dem Dunning-Kruger-Effekt. Dieser Effekt ist besonders für Führungskräfte interessant. Denn einerseits müssen sie selbst der Versuchung widerstehen, die eigene Leistung zu überschätzen. Und andererseits müssen sie es lernen, mit Mitarbeitenden zurechtzukommen, denen es ebenso geht.

Was ist der Dunning-Kruger-Effekt

Was ist der Dunning-Kruger-Effekt?

Wenig überraschend stammt diese Bezeichnung von den Personen, welche diesem Effekt erstmals professionell auf den Grund gingen. Genau genommen handelte es sich dabei um David Dunning und Justin Kruger, beides US-amerikanische Psychologen. Sie führten im Jahr 1999 mehrere Experimente mit Studenten durch. Sie wollten wissen, wie sich die eigene Einschätzung im Verhältnis zur tatsächlichen Leistung verhält.

Nach zahlreichen Tests stellte sich heraus, dass Studenten, welche stark unterdurchschnittliche Ergebnisse vorweisen konnten, ihre eigene Leistung überdurchschnittlich gut bewerteten. Andersherum waren es die besonders guten Studenten, die ihre Leistung chronisch unterbewerteten. Auch wenn die beiden Psychologen nie groß für diese Entdeckung ausgezeichnet wurden, so trägt das Phänomen doch bis heute ihren Namen.

Die 4 Stufen

Im Detail konnten die beiden Wissenschaftler vier aufeinander folgende Stufen ausmachen, welche den Effekt jeweils verstärken:

  1. Die Inkompetenz eines Menschen auf einem bestimmten Gebiet führt dazu, dass er regelmäßig die eigene Leistung überschätzt.
  2. Dieser Mensch erkennt die eigene Inkompetenz nicht in seinem Ausmaß.
  3. Aufgrund von Ignoranz kann ein inkompetenter Mensch seine eigene Kompetenz nicht steigern; er verharrt blind in dieser Situation.
  4. Das ignorante Verhalten führt sogar dazu, dass der Mensch gute und überlegene Eigenschaften anderer Menschen regelmäßig unterschätzt.

Allgemein gesagt, handelt es sich bei diesem Phänomen also um eine kognitive Verzerrung (einem Bias). Die eigenen Fähigkeiten werden chronisch überschätzt, was auch zur Überbewertung der eigenen Leistungen führt.

Die vier Stufen des Dunning-Kruger-Effekts

Der Dunning-Kruger-Effekt im Alltag

Im Alltag kommt dies leider nur zu häufig vor: Es gibt viele Menschen, die zwar in einem bestimmten Bereich nur sehr wenig Wissen besitzen – jedoch trotzdem selbstbewusst auftreten. Beispiele dafür gibt es jeden Tag zu beobachten: Interessanterweise glaubt laut Befragungen ein überwiegender Großteil der Autofahrenden, dass sie besser fahren als der Durchschnitt. Dass diese Rechnung jedoch nicht aufgehen kann, liegt auf der Hand. Noch deutlicher zeigt sich der Effekt, wenn man sich die Ergebnisse nach befragten Gruppen ansieht: Am besten schätzen männliche, junge Autofahrer die eigene Fahrleistung ein – interessanterweise genau die Personengruppe, welche auch die meisten Unfälle im Straßenverkehr verursacht.

 

Der Dunning-Kruger-Effekt und was es für Führungskräfte heißt

Das Problem bei dem Effekt ist nicht die Inkompetenz an sich. Uns allen ist bewusst, dass wir unmöglich auf jedem Gebiet ein Experte sein können. Sowohl Führungskräften als auch Mitarbeitenden wird im Job daher zugestanden, auch mal eine Wissenslücke zu haben. Problematisch wird es, wenn sich diese Inkompetenz mit Ignoranz verbindet – diese Mischung ist sogar ziemlich toxisch.

Wie sich Führungskräfte vor dem Dunning-Kruger-Effekt schützen können

Mut zur Lücke: Wie sich Führungskräfte vor dem Dunning-Kruger-Effekt schützen können

Bei Führungskräften ist die Wirkung dieses Phänomens besonders fatal. Denn von ihnen wird erwartet, sich mit den Problemen ihrer Abteilung oder ihres Unternehmens auseinanderzusetzen und hier mit der nötigen Fachkenntnis vorzugehen. Fehlt diese Fachkenntnis jedoch, können auch die Probleme nicht richtig gelöst werden – ein Teufelskreis für jede Firma. Daher sollten Menschen in Führungspositionen besonders stark daran interessiert sein, den Effekt bei sich persönlich zu erkennen und dagegen anzukämpfen.

Wir erinnern uns: kompetente Menschen schätzen ihre Leistung häufig als bestenfalls durchschnittlich ein. Eine Person, die ihre Kompetenz als unterdurchschnittlich betrachtet, wird sich jedoch kaum als geeignet für eine Führungsposition sehen. Dem entgegen sind es jedoch genau die Menschen mit fehlender Kompetenz, die sich wenig mit sich selbst auseinandersetzen und dadurch entschiedener handeln. Diese Kombination kann dazu führen, dass selbst der kleinste Anflug von Selbstkritik schon im Keim erstickt wird. Natürlich ist nicht jede Führungsposition mit Menschen besetzt, die für die vorgesehene Aufgabe nicht geeignet sind. Doch im Lauf der Zeit kann es zu einer Herausforderung werden, die eigene Kompetenz immer wieder auf den Prüfstand zu stellen.

Wie können Führungskräfte es schaffen, einen Ausweg aus dieser Spirale zu finden? Dazu bedarf es einer objektiven Selbsteinschätzung. Was zunächst vielleicht simpel klingt, ist jedoch harte Arbeit – zumindest für jemanden, der eine (zu) hohe Meinung von sich selbst hat. Der bewusst bescheidene Umgang mit der eigenen Intelligenz ist ein erster Schritt auf dem Weg, sich selbst zu reflektieren. Denken Sie beispielsweise einmal darüber nach, wie Sie normalerweise auf Kritik reagieren. Streiten Sie gleich alles ab, oder überlegen Sie zumindest, ob an den Aussagen etwas dran sein könnte? Wenn Sie sich nicht sicher sind, fragen Sie einen guten Freund oder Kollegen nach der ehrlichen Meinung (und seien Sie nicht beleidigt, wenn Sie diese anschließend zu hören bekommen …).

Ebenso hilft es, ein offenes Ohr für andere Menschen zu entwickeln. Dadurch lenkt man den Fokus weg von der eigenen Person und hin zu den Problemen anderer. Sich einzugestehen, dass Fehler und Unwissenheit zum Leben dazugehören und auch niemand diese von uns erwartet, gibt einem die Kraft, in schwierigen Zeiten das Selbstvertrauen aufrechtzuerhalten.

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Dunning-Kruger-Effekt und sein Einfluss auf Führungskräfte und Mitarbeitende

„Ich weiß nicht, dass ich nichts weiß“: Wie Führungskräfte mit überzogener Selbsteinschätzung von Mitarbeitern umgehen können

Es gibt noch einen weiteren interessanten Aspekt zum Thema Dunning-Kruger-Effekt: Die beiden Psychologen haben bei ihrer Entdeckung bewusst das Thema Intelligenz ausgeklammert. Im Umkehrschluss bedeutet das: Menschen, die sich häufig selbst überschätzen, sind nicht automatisch weniger intelligent. Es fehlt ihnen lediglich an Kompetenz für einen ganz bestimmten Bereich. Wenn Sie als Führungskraft mit Mitarbeitenden zu tun haben, denen es scheinbar an Kompetenz für einen bestimmten Bereich fehlt, dann macht das Ihnen das Leben als Chef oder Chefin nicht leichter. Allerdings gibt es auch hier Mittel und Wege, der Lage Herr zu werden.

Haben Sie beispielsweise eine Person in Ihrem Team, die immer wieder schlecht im Vergleich zum gesamten Team abschneidet – diese Tatsache jedoch einfach nicht wahrhaben möchte? Gehen Sie der Ursache für das schlechte Abschneiden noch etwas tiefer auf den Grund. Kann es sein, dass Ihrem Mitarbeitenden einfach nur die nötige Qualifikation fehlt, um eine bestimmte Aufgabe auszuführen? Hier können Sie ansetzen und Ihrer Kollegin oder Ihrem Kollegen eine Weiterbildung anbieten, um bei diesem Thema auf dem aktuellen Stand zu sein. Möglicherweise wird der Person während dieser Maßnahme auch bewusst, wie viel Nachholbedarf es tatsächlich gibt. Statt also durch anhaltende Kritik einen Menschen zu demotivieren, können Sie ihm auf diese Weise aus der Situation helfen.

Eine weitere hilfreiche Maßnahme sind regelmäßige Feedbacks für Ihre Mitarbeitenden. Dabei spielt es keine Rolle, ob eine Person neu ins Team kommt oder schon länger dabei ist: Irgendwann schleicht sich bei jedem eine gewisse Denkweise über die eigene Leistung ein. Das Ziel eines solchen Feedbackgespräches sollte es sein, das Eigenbild mit dem Fremdbild abzugleichen. Bei besonders deutlichen Unterschieden in der Wahrnehmung können dann weitere Maßnahmen sehr hilfreich sein. Diese hängen von der konkreten Sachlage ab: Von einem Training on the Job über Seminare bis hin zu Einzel-Coachings sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Wichtig ist nur, den Mitarbeitenden eine Plattform zum Lernen zu bieten. Denn je mehr es zu Lernen gibt, desto geringer ist die Gefahr, dass man sich selbst überschätzt!

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Quellen:

https://hbr.org/2005/12/those-who-cant-dont-know-it
https://karrierebibel.de/dunning-kruger-effekt/
https://www.growganic.de/dunning-kruger-effekt-teufelkreis-der-inkompetenz/
https://verhalten.wordpress.com/2014/09/03/unfahig-uneinsichtig-und-uninteressiert/

Über den Author

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